The Past [Schnargl & Kasumi]

Raphael ist nach links aus der Pizzeria herausgegangen und hielt kurz an, als Chloe nach ihm rief, ging danach jedoch unbekümmert weiter. Als Chloe ihn einholte, beschleunigte er seinen Schritt.

"Jetzt warte doch! Was ist denn mit dir los? Wieso verhältst du dich aufeinmal so komisch mir gegenüber? Jetzt rede doch mit mir!", sie flehte ihn schon förmlich an, da sie einfach nicht verstand, was denn so plötzlich geschehen war. Doch egal wie schnell er laufen würde, sie würde versuchen ihm zu folgen, bis sie eine Antwort von ihm bekam und falls er doch zu schnell sein sollte, hatte sie ja noch Sascha.

Er hielt mit einem Fuß aufstampfend an und drehte sich auf der Stelle zu Chloe um und schaute ihr mit seinen tiefblauen Augen tief in ihre.

"Ich habe Menschen getötet."

Weder sein Kopf oder seine Augen bewegten sich ein Stück. Raphael stand vollkommen still. Seine Stimme hingegen war zwar fas ein Flüstern, aber trotzdem vollkommen aufgewühlt.

"Ich habe Menschen getötet. DAS IST MIT MIR LOS!"

Er schrie Chloe an, die wenigen Passanten auf der anderen Straßenseite drehten sich kurz um, taten die beiden als verkrachtes Pärchen ab und gingen weiter, irgendwo bellte ein Hund.
Raphael regte sich immer noch nicht. Man begann Tränen in seinen Augen wahrnehmen zu können.

Sie blieb wie angewurzelt stehen. Chloe wusste nicht, was sie darauf antworten sollte.
Als ihm dann langsam die Tränen Kamen, bewegte sie sich wie von selbst.
Chloe lief langsam mit gesenktem Blick auf ihn zu. Sascha setzte sich dahin, wo Chloe bis gerade eben noch gestanden war.
Als Chloe vor ihm stand, hob sie schlag artig ihren Kopf und umarmte ihn: "Das ist doch noch lange kein Grund einfach so abzuhauen! Und außerdem hast du doch bestimmt einen Grund dafür gehabt, oder?"

"Wenn für dich ein Befehl ein Grund ist, jemanden zu töten. Wenn es für dich okay ist, wenn ein Drogenkurier oder Attentäter Menschen tötet, weil es ihm befohlen wurde, dann gut. Dann ist ja alles in Butter, alle sind fröhlich, ich brauch mit keine Gedanken zu machen."
Raphael warf seine Arme in die Luft und drehte sich wieder um, ging aber noch nicht los.

"Aber wenn es für dich so schlimm war....wieso hast du dann nicht damit aufgehört oder wieso hast du damit dann überhaupt angefangen?", wollte sie jetzt mit gesenktem Kopf von ihm wissen.

Er zögerte kurz, drehte sich jedoch wieder zu Chloe um.
"Ich wurde hineingegeben.. in die Organisation. Meine Eltern haben mich als Waisenkind abgegeben, wenn ich nicht getan hätte, was die Organisation gesagt hat, wäre ich getötet worden. Ich habe nie etwas anderes gelernt als Dinge, die ich in der Organisation brauchte. Ich habe erkannt, was ich eigentlich tat, ich bin bei einem Transport geflohen, gestürzt und habe mir den Kopf angeschlagen... dadurch verlor ich mein Gedächtnis und bin so wochenlang durch die Stadt getorkelt, bis ich dich getroffen habe."
Während er erzählte, spielte Raphael mit dem Anhänger um seinen Hals herum.

"Und was hast du jetzt vor? Willst du wieder ziellos durch die Gegend irren, bis dir wieder etwas passiert?", schrie sie schon fast.

Raphael schaute ihr wütend in die Augen.
"Wenn ich hier bleibe, finden sie mich und tun dir etwas an. Tun deiner Famile etwas an, tun Sascha etwas an. Wenn ihr mich versteckt, wird es nur noch schlimmer. Meine Güte, ich könnte dich nicht einmal verteidigen, wenn wir angegriffen werden. Es ist besser für uns beide, wenn ich einfach verschwinde und du mich einfach komplett vergisst."
Trotz dieser klaren Ansage blieb er weiterhin auf dem Bürgersteig stehen.

"Ja, toll. Und was dann? Willst du dein Leben lang in Angst leben? Ständig auf der Flucht?", sie ballte ihre Hände zu Fäusten und schaute weiterhin zu Boden. Den letzten Satzt sprach sie so leise aus, das er schon fast ein Flüstern war, "Und für immer allein?" Danach schwieg sie.
Sascha setzte sich derweil neben sie.

Raphael seufzte theatralisch.
"Nagut, okay. Ich bleibe bei dir. Alles was ab jetzt passiert, liegt einzig und allein in deiner Verantwortung." Er schien sich wieder komplett beruhigt zu haben. Diesem doch recht ernsten Satz fügte er lächelnd noch ein "Danke" hinzu.

Sie hob den Kopf und lächelte ihn an: "Das freut mich."
Sascha bellte auch einmal kurz auf und hüpfte Raphael einmal vor freude an.
"So, dann würd ich sagen, ab nach Hause. Da können wir uns dann erstmal auf die Couch pflanzen und ausspannen. Der Tag war ja schon anstrengend genug", jetzt lachte sie.

Raphael nickte, konnte aber nicht lachen. Es verwirrte ihn, dass sie trotz der Situation so fröhlich sein könnte. Saschas Fell wurde durchgewuschelt, dann wurde sie jedoch wieder sanft weggedrückt, da Raphael Chloe folgen wollte. Zuvor schaute er jedoch nach oben und schon traf ihn der erste Regentropfen ins Gesicht.
Es begann leicht zu nieseln.

"Wir sollten uns beeilen, bevor wir noch ganz nass werden. Außerdem riecht Sascha wie ein Kamel wenn sie nass ist!", lachte sie und fuhr Sascha über den Kopf.
Der Regen wurde immer stärker, je weiter sie liefen. Schlussendlich schafften sie es doch noch bis nach Hause. Zwar durch nässt, aber dennoch zu Hause!
Chloe ging ins Bad und holte 3 Handtücher, warf Raphael eins davon zu und trocknete sich selbst mit einem anderen die Haare. Mit dem dritten rubbelte sie Sascha so gut es ging trocken, doch es half nichts. Sie stank nach Kamel!

Auch er trocknete sich die Haare ein wenig, fing jedoch bald an, ebenfalls den Hund abzutrocknen.
Als er merkte, dass Sascha 'nach Kamel stank', lächelte er ein wenig. "Sie muss nur ganz trocken werden, dann ist das schon weg.. soweit ich weiß hängt das mit verdunstendem Wasser zusammen, das irgendwelche Stoffe von der Haut des Hundes mitnimmt." Raphael zuckte leicht mit den Schultern. "Oder wir gehen einfach woanders hin."

Sie schaute ihn direkt an, als er ihr erklärte wieso Sascha so nach Kamel stank. Als er fertig war lachte Chloe: "Bis wir Sascha komplett trocken gerubbelt haben finden wir uns im Altersheim wieder! Ich würde sagen, wir holen uns jetzt was zum knabbern und schau'n dann mal, was so im Fernsehn läuft, oder was meinst du?" Chloe lächelte ihn leicht fragend an.

Er lächelte zurück, war aber weiterhin in Gedanken versunken.
//Sie könnte bald wegen mir sterben, aber sie ist weiterhin fröhlich und freundlich? ...//
Etwas zu spät nickte Raphael. "Ja, ich denke das hört sich okay an.." Seine Stimme war sehr leise, aber verständlich.

Sie merkte, dass Raphael nicht ganz bei der Sache war, aber jetzt wollte sie wollte nicht weiter nach fragen. Schließlich meinte sie zu Raphael, er könne schonmal ins Wohnzimmer gehen und sie komme gleich nach.
Chloe sammelte die Handtücher ein, brachte sie zur Waschmaschiene, ging danach in die Küche und holte das Knabberzeug: Chips, Schokoladenkekse und Salzstangen.
Danach ging sie ins Wohnzimmer, setzte sich auf die Couch, stellte die Sachen auf dem Couchtisch ab, machte den Fernseher an und fragte: "Auf was hast du Lust? Also Genre technisch."

Raphael steckte sich eine Salzstange in den Mundwinkel und setzte sich ganz links auf die Couch. "Ist mir vollkommen egal."
Langsam knabberte er das Teiggebäck, das irgendwie wie eine Zigarette an seinen Lippen hing.

"Hm, ok. Dann lass ich einfach mal das nächst Beste laufen", sagte sie und zappte im TV-Programm. Nach einer Weile hielt sie bei einem Film an und lies ihn laufen. Es handelte sich hierbei um einen Mysteri-Thriller namens 'Schreie der Vergessenen'. Es ging um einen Kommisar, der mysteriöse Zwischenfälle an einer Klinik untersuchen sollte, jedoch dann vom Dienst suspendiert wurde und auf eigene Faust mit seinem Team weiter ermittelt. Noch dazu kommt ein Medium, eine Frau, die Zwischen der Welt der Toten und der Welt der Lebenden vermittelt.
Chloe ist so davon gefesselt, dass sie sich einen Chip nach dem anderen rein schiebt.

Raphael war von dem Thriller nicht sonderlich beeindruckt und machte es sich lieber auf der Couch gemütlich. Bald schlief er, mit einigen Salzstangen aus dem Mund hängend, ein und schien nicht sonderlich gut zu schlafen. Nach einigen Minuten begann er unverständliche Worte vor sich hin zu brabbeln und sich einige Male umzudrehen.

"Hihi!", Chloe kicherte leise, als sie bemerkte, dass Raphael eingeschlafen war. War ja auch ein anstrengender Tag gewesen heute!
Sie wollte ihn nicht wecken, also machte sie den Fernseher etwas leiser und lies ihn weiter schlafen.
//Ich frage mich, was er in diesem Augenblick wohl getan hätte, wenn ich ihn einfach gehen gelassen hätte... Na ja, ist ja auch egal.
Da fällt mir ein, vorhin habe ich ihn das erste mal richrig lächeln sehen. Das passt viel besser zu ihm finde ich.// Chloe kicherte noch einmal. //Aber ich kann mir einfach einfach nicht vorstellen, dass der Raphael den ich kennewirklich jemanden getötet haben soll... Und selbst wenn, man kann es jetzt nicht mehr ändern! Ja, er sollte versuchen auf andere Gedanken zu kommen und ich werde ihm dabei helfen und selbst wenn diese komischen Fuzzies (bin nicht sicher ob das richtig ist) hier auftauchen sollten werde ich ihnen Raphael unter keinen Umständen über lassen! Niemals!! Ich will nicht, dass er getötet wird, nur weil er versucht hat seinem alten Leben zu entkommen!//

Nach einiger Zeit war der Film zu ende und Chloe war auch schon etwas müde geworden. Sie stand auf und ging hoch ins Zimmer, kurz darauf kam sie mit 2 Decken wieder runter. Mit einer deckte sie Raphael zu und die andere war für sie selbst. Sie machte es sich auf dem über großen Sessel bequem und mümmelte sich in ihre Decke ein. Kurz darauf schlief sie auch schon ein.

Mitten in der Nacht schreckte Raphael von der Couch auf und warf dabei die Decke zu Boden. Er keuchte und schwitzte.
//Wieder ein Albtraum.// Während seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, entdeckte er Chloe auf dem Sessel, in ihre Decke eingekuschelt. (Ich geh mal davon aus, dass Couch und Sessel zwei verschiedene Objekte sind ;D) //Ist ja irgendwie niedlich, wenn sie schläft.// Bei diesem Gedanken lächelte Raphael wieder ein wenig.
//Ich verstehe einfach nicht, warum sie mir so unbedingt helfen will. Sie ist wegen mir in Gefahr, möchte mich aber trotzdem bei ihr haben..// Im Sitzen zuckte er mit den Schultern und stand langsam auf, streckte sich ein wenig und machte sich, mit den Armen tastend auf den Weg zur Küche, oder zumindest in die Richtung des nächsten Wasserhahns.
...
Auf halber Strecke jedoch begrüßte seine Nase dank dem Hund, der sich anscheinend durch die offene Tür hereingeschlichen hatte, erst einmal den Boden.
Sascha war nicht gereade davon begeistert, was sie auch damit kundtat, dass sie aufsprang, ein Mal bellte und dann leise knurrte. Darüber hinaus riss Raphael beim Fallen noch einiges von einem Beistelltischchen herunter, man hörte das Splittern von Glas.
"Ugh. Ganz ehrlich, muss ich mich eigentlich immer und immer wieder verletzen?" fragte er sich selbst. Mit einem leicht ängstlichen Blick herüber zu Chloe ließ er auch ein leises "Tschuldigung" von sich hören.

Chloes Schlaf war traumlos und ruhig, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als es einmal laut schepperte und sie aus ihrem Schlaf gerissen wurde. Sie sprang förmlich vom Sessel zu dem nahegelegenen Lichtschalter und knippste das Licht an. Als sie Raphael da so auf dem Boden lag und daneben Sascha die ihn anknurrte, musste Chloe einfach lachen. Kurz darauf bekam sie sich aber wieder in den Griff und holte den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Bad um seine linke Hand zu verartzten.
Chloe holte auch einen Handfeger und scheuchte Sascha in die Küche und machte die Tür zu, damit sie sich nicht auch noch verletzte. Nun kehrte sie den Großteil der Scherben zusammen und ging neben ihm in die Hocke und schaute sich seine Verletzung an.
"Also du bist mir ja einer. Kaum schaut man mal nicht hin, verletzt er sich", sie kicherte wieder ein wenig, während sie die Wunde desinfizierte.

Raphael setzte sich, während Chloe draußen war erst einmal wieder auf die Couch. Seine Hand blutete nur ein wenig, ein Splitter steckte in der Handfläche. Auf die Wunde drückte er zunächst ein Taschentuch, um den Boden nicht zu versauen.
Auf Chloes Kommentar antwortete er nur leicht genervt: "Der Hund lag im Weg." Während sie mit dem Tupfer seine Wunde bearbeitete, nachdem er selbst den Splitter herausgezogen hatte, zog er hin und wieder scharf Luft ein. Desinfektionsmittel brennt nun einmal etwas.
//Es ist wirklich lieb, wie sie sich immer um mich kümmert, obwohl ich so ein Vollidiot bin und mich immer verletze..//
"Danke."